Mittwoch, 4. August 2010

Swim until you can‘t see Land



Glück ist schlecht für die Kreativität. Zumindest für meine. Dabei bin ich mir nicht mal sicher ob Glück der richtige Begriff ist. Eher Zufriedenheit. Innere Ruhe. Ich weiß nicht wie man es nennt, denn die Zeiten, in denen ich mich so gut gefühlt hab, hielten entweder nie sehr lange an oder stellten sich schnell als gute Schauspieler unter Beweis.

Jedenfalls hab ich keinen einzigen vernünftigen Satz zu Papier gebracht, seitdem es mir so geht. Seitdem ich mit den alten Geistern der Vergangenheit abgeschlossen hab, die Füße hochgelegt und es mir in der neuen Wohnung gemütlich gemacht hab.

Ich habe ein Haus. Irgendwo im Nirgendwo. Es spielt keine Rolle wo es ist, die Hauptsache ist, dass es eine schöne alte Veranda vor dem Eingang hat. Da sitz ich dann und sage: „Siehst du das? Es geht mir gut! Du kannst mich mal.“

Dann höre ich lange nichts. Ich bin mir fast schon sicher, dass das Schicksal nach Hause gegangen ist um ein neues Opfer für seine Schikanen zu suchen, als es mir aus der Dunkelheit entgegen lacht: „Wie lange ist es her? Deine Kugelschreiber sind schon längst vertrocknet, von deinem Füller ganz zu schweigen! Du hast nichts mehr zu sagen. Bleib in deinem Vorgarten und fang schonmal an, dein Grab zu schaufeln.“

Ich sage nichts. Ich warte bis das Gelächter verschwunden ist und gehe in mein Haus zurück. Als ich mit einem Blatt Papier in der Hand zurück komme ist es draußen ein wenig heller geworden. Ich setze mich in meinen Schaukelstuhl und schaue in die Ferne. Ich denke nach.

Nach drei Stunden habe ich mich noch immer kein Stück bewegt, bis schließlich mein linker Zeigefinger zuckt. Zögerlich bewegt er sich in Richtung Papier. Aus Angst davor, das Schicksal hätte die Wahrheit sagen können, habe ich auf Kugelschreiber oder Füller verzichtet und stattdessen einen Bleistift gewählt. Langsam formen sich die Buchstaben auf dem Papier: „Schwimm zurück.“

Dann wache ich auf. Mir ist kalt und ich bin nass. Ich versuche aus dem Bett aufzustehen und ertrinke beinahe bei dem Versuch. Um mich herum ist das Meer. Atlantikküste. Urlaub mit der Familie.

Ich habe Leute immer beneidet, die sich einfach flach mit dem Rücken aufs Wasser legen und sich treiben lassen. Die Sorglosigkeit und Gelassenheit dazu hat mir immer gefehlt und meine eigene Unruhe hat mich jedes Mal unter Wasser gedrückt. Und jetzt bin ich so gelassen, dass ich beim Versuch dabei eingeschlafen und einige Hundert Meter aufs offene Meer hinausgetrieben bin. Ich atme tief ein und mache mich auf den Rückweg.

Es ist schon seltsam, dass Liesa und ich erst vor einem Monat in die neue Wohnung gezogen sind und ich jetzt - nach nur ein paar Tagen ohne die hohlen Altbauwände, die schiefen Böden und das bequemste Sofa der Welt - bereits Heimweh habe.

Als ich schließlich wieder an der Küste ankomme ist niemand mehr am Strand. Ich drehe mich zurück zum Horizont und brülle Ihn an: „Siehst du das, Schicksal? Es geht mir gut! Du kannst mich mal am Arsch lecken!“

Dann fange ich an zu tanzen und singe Brothers in Arms, so laut ich kann: "I was lost but now I‘m found. I was lost but now I'm found. I was lost. But now I'm found, when I‘m alone, when I‘m with you."

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