Donnerstag, 8. Oktober 2009

Getting My Hair Done



Mein letzter Friseurbesuch ist bereits ein halbes Jahr her. Als ich beschließe, dass es mal wieder Zeit dafür ist, weiß genau, wo ich mit dieser Tolle hingehen sollte. Zumindest denke ich, das zu wissen. Ich versuche, mich zu erinnern…

Beim letzten Mal stand ein Vorstellungsgespräch in der Berrenrather Straße an und ich bin zwei Tage vorher hingefahren, um sicherzugehen, dass ich das Büro beim Termin selbst auch finde und nicht zu spät komme.

Ich fahre also mit der Linie 18 bis zur Arnulfstraße und finde auch die Agentur ziemlich schnell. Weil ich nichts zu tun habe, schau ich mir auch die Gegend ein bisschen an. Ich bleibe an einem Spielwarenladen stehen und beobachte meine Reflexion im Schaufenster – die macht immer das gleiche wie ich! - , als mir auffällt, dass ich vor dem Vorstellungsgespräch doch mal zum Friseur gehen sollte. Da es mir nicht reicht, dass mein Spiegelbild stolz auf mich ist, ruf ich auch gleich meine Mutti an und berichte ihr, dass ihr Sohn – und zwar der, den sie noch ein halbes Jahr zuvor immer wieder daran erinnern musste, zwei gleichfarbige Socken anzuziehen – gerade in diesem Moment vernünftig und erwachsen geworden ist. Sie freut sich.

Ich gehe die Berrenrather Straße entlang, bis sie sich mit dem Gürtel kreuzt, um dann am Gürtel weiter Richtung Ehrenfeld zu gehen. Die Salons, an denen ich vorbeikomme, sind mir entweder zu teuer oder zu altmodisch. Bei einem bin ich mir nicht sicher, ob es sich wirklich um einen Friseursalon oder doch eher um einen Schwulenclub handelt.

Als ich kurz davor bin, aufzugeben und in einen dieser Super 10 Hair Company Laden zu gehen – Friseurketten a la McDonalds? Wer denkt sich denn sowas aus?! – komme ich an einem Schaufenster vorbei, aus dem mich ein kleiner Vierbeiner anschaut. Ich bleibe stehen. Erst auf den zweiten Blick erkenne ich, dass es sich nicht um eine Tierhandlung, sondern um einen Friseur handelt.

Ich gehe rein und werde nicht nur vom glatzköpfigen Friseur freundlich begrüßt, auch der Mops aus dem Schaufenster kann seinen Blick anscheinend nur schwer von mir abwenden. Mir wird gesagt, dass ich keinen Termin brauche, nur eine Nummer ziehen muss und dann in einer halben Stunde dran bin. Ich setze mich hin und will schon fast bereuen, dass ich mir kein Buch mitgenommen habe und mich jetzt wieder mit der Bild der Frau oder der Gala rumschlagen muss, als mein Blick auf den Zeitschriftenständer fällt…

Und so kommt es, dass mir die Wartezeit beim Friseur zum ersten Mal in meinem Leben nicht wie eine Ewigkeit vorkommt, ich mit einem süßen kleinen Mops auf meinem Schoß den Playboy lese und darauf warte, dass mir die Tolle geschnitten wird.

Der Haarschnitt selbst war nichts Besonderes und den Job hab ich auch nicht bekommen – ist aber bestimmt nicht die Frisur dran schuld. Trotzdem, ein knappes halbes Jahr später gibt es für mich keine andere Wahl, als diesen Friseursalon. Ich fahre also erneut zur Arnulfstraße, steige aus und versuche, mich an den Weg zu erinnern…







Als ich nach zwei Stunden an der Haltestelle Zülpicher Straße/Gürtel herauskomme, gebe ich die Suche auf und fahre heimwärts, um irgendwo in Ehrenfeld zum erstbesten Friseur zu gehen. Ich hab das Gefühl, ganz Sülz drei Mal durchlaufen zu haben, ohne mich dem Mops-Salon auch nur ein paar Meter zu nähern. Kurzzeitig überlege ich sogar, nach Hause zu fahren und mir eine Glatze zu rasieren. Aber da hätte ja jetzt keiner was von.

In Ehrenfeld ist der erste Friseursalon an dem ich vorbei komme ein mit Neon-Buchstaben verzierter türkischer „Herren und Damensalon“. Neon? Warum nicht! Ich geh rein.

Drinnen wird scheinbar ausschließlich türkisch gesprochen. Ich werde ein wenig schief angeschaut, als ich hereinkomme. Ich setz mich trotzdem. Die Zeitschriften im Ständer entsprechen weder dem Playboy noch der Gala. Um ehrlich zu sein, weiß ich noch nicht einmal, welchen Zeitschriften sie entsprechen, weil sie alle türkisch sind.

Als ich nach einer Weile dran komme, muss ich den Friseur zuerst einmal davon überzeugen, dass mir ein Vokohila nicht stehen würde und dass ich die Haare oben lieber ein wenig länger hab. An den Seiten und hinten bitte kurz. Und nicht umgekehrt. Irgendwie lässt er sich dann aber doch überzeugen und fängt an.

Nach nur 10 Minuten ist er fertig und fragt mich, ob ich mit dem Ergebnis zufrieden bin. Ich schaue in den Spiegel und bin wirklich mehr als zufrieden. Ich will ihm mein Lob aussprechen, woraufhin er mir noch einmal zu verstehen gibt, dass mir ein Vokohila doch wirklich besser stehen würde.

Als ich aufstehen will, hält er mich an der Schulter fest und drückt mich wieder in den Sitz. Ich bin verwirrt.

„Äh, ich dachte Sie sind fertig.“
„Nein. Sitzen bleiben“

Seine Antwort ist kurz und eindeutig. Er hat seine linke Hand noch auf meiner Schulter, mit der rechten greift er ins Regal und holt ein Rasiermesser heraus. Ein mulmiges Gefühl steigt in mir hoch, als er laut auflacht und den Glanz der Klinge im Spiegel betrachtet.

Dann hebt er das Messer… und rasiert mir ganz vorsichtig die letzten Nackenhaare weg.

„Jetzt ist fertig.“

Er pinselt mich ab und nimmt die Bezahlung entgegen, woraufhin ich meine Jacke schnappe und mich verabschiede.

Ich bin gerade raus, als mein Telefon klingelt:

„Hey. Du weißt doch noch, wie du mir von diesem Friseur in Sülz vorgeschwärmt hast. Jetzt rate mal, wer gerade einen 1A Haarschnitt bekommen hat und sich vorher noch ein paar Möpse angeschaut hat.“

Ich überlege, welche Möpse er meint und erwider dann:

„Merk dir auf jeden Fall wo der Salon ist, ich hab ihn nicht gefunden.“
„Kein Problem, ich steh noch direkt davor.“

Eine Woche später will er mir zeigen, wo der Friseur ist… nach einem erneuten Stundenmarsch durch Köln Sülz geben wir auf. Wir finden ihn nicht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen